Nach den Wirren des 2. Weltkriegs dauerte es eine Weile, bis sich aus den Trümmern und der Bewältigung von menschlichen und materiellen Verlusten und Tragödien wieder neuer Mut und neues Leben in der sich erst formierenden Bundesrepublik breit machten. Nachdem die Trümmerfrauen Platz geschaffen hatten blühte der Schwarzmarkt und bald begann man wieder zu feiern – auch zusammen mit den Eroberern die uns nun Rosinen-Bomber nach Berlin schickten. Unter den deutschen Künstlern machte sich eine Aufbruchs-Stimmung breit – noch bevor die “Fresswelle” in den 50er Jahren die BRD überzog. Zwar hatten beim Wiederaufbau die Theater-Restaurationen nicht Prijorität, aber alle Kunstschaffenden waren endlich in ihrer Kreativität frei! Die neue “befreite Kunst” ergriff das vergnügungshungrige Publikum bald massenhaft – der Rock and Roll überrollte – auch Old Germany. (Pop + Rock waren nun Trend – die klassiche Operette galt als angestaubt und mußte sich neu erfinden, es folgte das Musical und die Rock-Oper).
“Walter JANKUHN”, lebte mit seiner Familie nach dem Krieg in Berlin-Schöneberg, also dem sog. West-Sektor in der “amerikanischen Zone“. Die Alleierten und die Nach-kriegsregierung begannen mit der Entnazifizierung – auch von Prominenten und Künstlern. Multikulti JANKUHN hatte erwartungsgemäß nichts zu befürchten und konnte im Prinzip sofort weiter als Künstler tätig werden – soweit es die realen Verhältnisse zuließen!
Deshalb begann Theatermensch “Jankuhn” 1946 erstmal mit der Ideen-Produktion für seinen guten alten Freund Max GRIX (zumal er selbst zunächst eine Herzkrankheit zu überwinden hatte und auch die neu eingenommene Vaterrolle für erhebliche Ablenkung sorgte). Max GRIX war eigentlich Kameramann und Filmemacher – probierte sich aber nach dem 2 Weltkrieg erstmal mit dieser Operette (er siedelte später nach London um) :
Skandal in den Wolken 1946
ALU PALAST – 1947
1947 als viele Theater noch zerstört waren gab es ein erstes erfolgreiches Experiment, vielleicht der Vorläufer von “Wetten dass”, eine große Unterhaltungsshow mit Musik, Akrobatik, Tanz und Humor – in einem ALUMINIUM-PALAST on the Road. Die Premiere der Ausstattungsrevue “LIEBES EXPRESS” war in Hannover. Mit von der Partie waren Walter Jankuhn und Willi Fritsch als Gaststar (Abb. links: Jankuhn, Mitte: Fritsch).
1949 /50 PUHLMANN Theater
1949 schaffte es die”Operetten Vereinigung Berlin” am PUHLMANN Theater wieder klassische Operette an die Leute zu bringen, mit “Walter JANKUHN“ (Titelheld) als “Graf von Luxem-burg” vom unserem altbekannten Komponist “Benatzky”. Mit an seiner Seite u. a. diesmal “Mizzy Metelka” und “Erich Passow” – ein erster Nach-kriegserfolg war geboren.
1950 hatte sich der Zeitgeschmack deutlich ver-ändert – Deutschland überrollten immer neue “Konsumwellen”. Nach der Fresswelle und Rock-Musik kam Reisen: – Lieblingsland der Deutschen war Italien (Connie Frobes sang “Zwei kleine Italiener”). “Walter JANKUHN ” war inzwischen bereits über 60 Jahre alt und inszenierte am PHULMANN die KÜNECKE Operette “Glückliche Reise” humorvoll, grotesk und fügte geschickt Tanzszenen mit ein ( Presse-Echo). Zusätzlich brillierte er routiniert in der “Nebenrolle” des älteren Herrn Regierungsrat und als Darsteller an der Seite von Mizzi METELKA.
Wohlwissend, dass seine Zeit als jugendlicher Tenor langsam abläuft, verlegte er sich zunehmend auf Regie + Nebenrollen. In der Hauptrolle sangen das Buffo Paar “Bruno KIEBLER” und “Nusha RICHTER” sowie der Tenor “Erich PASSOW” und “Eva DAEHNE” -vortrefflich (Nat.-Zeitung). Eine gelungene Neuinszenierung von “Walter JANKUHN” (der ja bereits vor dem Krieg am Nollendorf-Theater und in Innsbruck mit seinen Inszenierungen erfolgreich war).
1952 Rundfunkproduktion “Bezauberndes Fräulein”
1952 wurde Benatzky’s “Bezauberndes Fräulein” in einer WDR-Rundfunkproduktion mit “Walter JANKUHN” in einer charmanten Nebenrolle als Papa. (Wiederholungs-Sendung des WDR 1961) – in den Hauptrollen mit Karl SCHÖNBÖCK und Gretel SCHÖRG aufgezeichnet. Nur wenige wussten, daß Walter JANKUHN zu diesem Zeit-punkt bereits schwer herzkrank war und von seinem behandelnden Arzt striktes “Bühnen-verbot” hatte. Zwar hat sich “Jankuhn” mehr zurückgenommen und jetzt auf die Schulung von Nachwuchs Talenten konzentriert, konnte der Bühne aber nie völlig widerstehen. Von dieser letzten Produktion vor seinem Tod 1953 gibt es eine Doppel–CD (Hamburger Archiv für Gesangskunst). Ab 01.06.2012 gibt’s sogar eine Neuauflage dieser CD-Box bei
DA-Musik/Astrophon. (Über die Qualität + Umfang des Remastering kann keine Aussage getroffen werden).
Auf der CD der Benatzky Operette “Meine Schwester und ich” befinden sich von der gleichen WDR-Produktion von 1952 – Auszüge mit Walter JANKUHN. Der namenhafte Rezensent “Cevin Klein” vom Operette Research Inst. bemerkt dazu:
“… auch hier bietet MEMBRAN bzw. der WDR einen Knaller: denn der Vater (Papa) des biestigen Fräuleins wird von niemand Gerin-gerem als “Walter JANKUHN” gesungen. Zur Erinnerung: Er war der sexy Tenorstar der CHARELL-Revueoperetten im Berlin der 20er Jahre und der erste “Dr. Siedler” der Operettengeschichte (“Im Weissen Rössl”). Wundervoll, wie er als älterer Mann – kurz vor seinem Tod 1953 – charaktervoll diese Rolle gestaltet!”
1953 ein Jahr nach dem Tod von W. Jankuhn wurde die erfolgreiche Benatzky Operette “Bezauberndes Fräulein” im Format einer Komödie mit Georg Tomalla, Karl Schönböck und Herta Stahl verfilmt … 1963 – zehn Jahre später folgte eine TV-Produktion wieder mit Thomalla und Monika Dahlberg.
Derweil kamen einige, der im Dritten Reich geflüchteten Künstler nach 1945 wieder nach Berlin zurück, auch wenn dieser Weg nicht immer einfach war (youtube-video):