Kraft durch Freude

BERLINER Operette im 2. Weltkrieg – dieses Thema schließt sich eigentlich von selbst aus, würde man meinen?! Zunächst aber merkte das Publikum in Berlin von Kriegswirren “außerhalb des Landes” wenig, die “Theaterlust” hatte trotz einiger Widrigkeiten – Hochkonjunktur. Anfangs veränderten sich lediglich die Operetten-Spielpläne etwas, “weniger frivol”, dann fehlten plötzlich einige bekannte Gesichter, die durch andere bekannte Künstler ersetzt wurden und schließlich wurden umbequeme sozialkritische Stücke wie z. B. Brecht’s “Dreigroschenoper” von 1928, die 1931 verfilmt wurde, ab 1933 verboten!

W. Jankuhn (vorne)

Bis das bürgerliche Publikum wirklich merkte, das alle Kunst, ja sogar triviale Unter-haltung stetig konsequenter vom NS-Propagandaministerium instrumentalisiert wurde – war es schon zu spät – und die Künstler waren mehr oder weniger ein Opfer des Systems geworden. 1943 wurde das Große Schauspielhaus von Bomben beschädigt und 1944 das Metropol etc. – nichts ging mehr, auch wenn manche Schauspieler verzweifelt versuchten weiterzuspielen, selbst wenn sich kaum noch Publikum ins Theater traute. 1944 wurden schließlich alle deutschen Theater geschlossen. Viele Künstler, Juden, Zigeuner, Kommunisten u.v.m.,  sind ab 1932/33  z. B. nach USA emigriert, so auch die Operetten-diva MASSARY und Revue-Papst CHARELL .

Berlin-Gendarmenmarkt (2. W-Krieg)

Zu Kriegsbeginn war überhaupt noch nicht daran zu denken den Kunstbetrieb einzuschränken bzw. den verbliebenen deutschen Künstlern den Beruf zu verbieten oder privateTheater zu schließen.
Im Gegenteil – die Stimmung sollte ja aufrecht-
erhalten werden. Der entstandene Verlust an Künstlern sollte keine Mangelerscheinung entstehen lassen, was zunächst den verbliebenen Künstlern eine gewisse Narrenfreiheit und mehr Verhandlungsspielraum brachte. Die vorhandenen Künstler wurden ja weiter gebraucht auch wenn sie öfter gute Mine zum bösen Spiel machen mussten. Natürlich wollten sich die deutschen Künstler nicht ihren geliebten Beruf verbieten lassen und weiter auf deutschsprachigen Bühnen vor ihren Fans auftreten – selbst wem es schwer fiel sich zu arrangieren (denn ihr Publikum wollten die Künstler zu allerletzt verlieren) . Viele handelten deshalb nach dem Prinzip Hoffnung und haben das NS-Regime zunächst als kurzlebigen Spuk verharmlost – was sich als Irrtum erweisen sollte! Schließlich musste man neue Verordungen des Referats; “Kraft durch Freude” (KDF) wie auch immmer – berücksichtigen.  Die Künstler lernten dabei aber auch kunstfertig mit Vorschriften umzugehen, z. B. wie man etwas interpretiert, ignoriert oder auch mit Nonchalance überspielt. Zum Schluss war die Kunst allerdings kaum noch zu retten – aber wer wollte sich schon zum Märtyrer machen?! In dieser Zeit waren Deutschlands Künstler nicht mehr allein von der Gunst des Publikums abhängig,  sondern auch von der KDF Politik mit  entsprechenden Angeboten und Einschränkungen – oftmals ein Drahtseilakt! (siehe auch Kapitel: >Privat> Wilh. Gustloff)

Kraft durch Freude” entstand aus einer Unterorganisation der Deutschen Arbeiterfront der Gewerkschaften die vom NS Regime kurzerhand geschlossen und vereinnahmt wurden. Mit dem Versprechen des Anspruchs “Urlaub für Jeden” und insbesondere preiswerten Schiffsreisen, die ansonsten nur den Reichen vorbehalten waren, wurden breite Bevölkerungskreise geködert und für das NS-Regime gefügig gemacht – nicht ohne Erfolg !

W. Jankuhn (> KDF/ Norwegen)

Genauso wurden auch die Künstler benutzt, schließlich bestimmte das NS-Angebot die Nachfrage. Davon blieb kaum ein Künstler verschont, auch Kammersänger Walter JANKUHN nicht (wie die meisten seiner verbliebenen “arischen Kollegen” auch): z.B. “Paul Lincke”, “Hans Albers”, “Willy Fritsch”, “Erik Ode”, “Brigitte Mira” etc. etc, Sicher gab es auch naive oder opportunistische Künstler – dazu gehörte Multikulti “Jankuhn” aber sicherlich nicht. Er pflegte ebenso weiter seine Beziehungen (auch ohne Öffentlichkeit)  zu jüdischen, sozialdemokratischen oder ausländischen Freunden, Bekannten und Verwandten, selbst wenn davon einige “koscher” waren (später hat das NS-Regime ja sogar “Mischehen” oder einfach nur unliebsame sog. Denunzianten deportiert etc.). Kammersänger JANKUHN selbst wurde trotzdem nie Mitglied der Partei – geschweige denn NSDAP oder gar Soldat! Trotz diesem “Makel” – aus Sicht des NS-Regimes – blieb er unbehelligt – weil man ihn noch brauchte und er keine Angriffsflächen bot. Walter JANKUHN hat stets versucht seine Musik- u. Theater-Kompetenz möglichst geschickt in Sinne seiner künstlerischen Ambitionen und denen seiner Kollegen umzusetzen, wohl wissend, dass es in jener Zeit dennoch ein Privileg war sich künstlerisch betätigen zu können, anstatt ein Frontsoldat sein zu müssen. Deshalb war er auch im Nachkriegs-Deutschland ab 1945 von den alliierten Siegermächten ebenso gut gelitten, wie beim Neubeginn der BRD 1949. Walter JANKUHN hatte keinerlei Auftritts- oder Berufsbeschränkungen zu befürchten, wie einzelne andere Künstler-Kollegen (Entnazifizierung).

Hitler’s Propagandaminister “Göbbels” hat natürlich in den Kriegsjahren ab 1939 die deutschen Künstler nach Bedarf für das Front-Theater eingespannt und hatte dazu ausreichend geeignete Lock- und Druck-mittel – die kein Künstler abschlagen konnte – zumal lukrative Engagements mit zu- nehmender Kriegsdauer  immer weniger verfügbar wurden.

Außerdem gab es natürlich kaum ein dankbareres Publikum als “Frontsoldaten” – die Fern der Heimat ihr Leben riskieren sollten. Die wenigsten davon waren sich
wohl ihrer prekären Lage voll bewusst,  geschweige denn selbst für ihre Situation verantwortlich. Das allein war für die Künstler-Ensembles Grund genug, den Soldaten an der Front “Momente” der Freude, der Hoffnung und sogar etwas Spaß zu bescheren- “wenn auch nur für ein paar Stunden oder Minuten” – etwas Heimat-gefühl, Empathie ja sogar Ausgelassenheit spüren zu lassen – für manche vielleicht zum letzten mal.

Walter JANKUHN wurde mit einem kleinen Ensemble in dem auch seine Frau TUTTI
als Tänzerin mitwirkte mit “KRAFT durch FREUDE” nach Norwegen und bis nach Russland (> Fotos) geschickt. Wie die Bilder zeigen, war die Tournee nicht ohne Zwischenfälle, aber man versuchte aus
jeder Situation das  Beste zu machen – und niemals den “Berliner Humor” zu verlieren – schließlich war man ja Schauspieler! Und die Soldaten hatten niemals zuvor die Gelegen-heit, so hautnah Kontakt zu ihren beliebten Künstlern aus Deutschland zu spüren – was den Soldaten offensichtlich genauso viel Freude bereitete wie den Künstlern. Da hat sich dann paradoxer Weise gezeigt: “Kultur” ist eben vor allem die Liebe von Menschen für Menschen- unabhängig von deren Zugehörigkeit zu einer Klasse oder Rasse (Musik bringt Menschen zusammen und vereint).

Das hat sich übrigens auch bei der Eroberung des Deutschen Reich`s gezeigt, als man zusammen mit den “Befreiern” musikalisch das Kreigsende zu besiegeln half und die Familie Walter JANKUHN dafür beim Rücktransport aus ihrem Kriegsversteck     “Krausnick” ins befreite Berlin von den Siegermächten (Russen) verschont wurde und ein Klavier sowie ein paar Teppiche etc. vor der Beschlagnahmung auf den Lastwagen retten konnte!

Foto:

Tutti Ahrens
(Jankuhn)

 

 

 

 

 

In BERLIN-Stadt wurde noch bis kurz vor Kriegsende Musik gemacht – als wäre kaum etwas geschehen, siehe DOKU-Link (youtube-Video):

 

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